Es begann schleichend. Ein Blick, ein Kompliment, eine kurze Berührung – und plötzlich fühlte ich mich für einen Moment gesehen, begehrt, wertvoll. Doch dieses Gefühl verflog schnell und ließ mich mit einem leeren Gefühl zurück. Um es wiederzufinden, suchte ich den nächsten Moment, das nächste „Zeichen“, das mir. bestätigte, dass ich genug bin
Es war nie genug. Die Leere in mir schrie nach mehr, und gleichzeitig flüsterte mein Selbsthass, dass ich es nicht verdiene. Dass ich nichts anderes kann als das – mich selbst zu entwerten, meinen Körper als Währung für ein bisschen Nähe zu geben, für einen Hauch von Zuneigung, die nur oberflächlich war. Ich fand mich immer wieder in Situationen, in denen ich von Anfang an wusste, dass ich verlieren würde. Situationen, in denen ich mich unwohl fühlte, aber einfach nicht allein sein wollte. Ich ließ Dinge zu, die ich nicht wollte, in dem Glauben, dass es der Preis für ein bisschen Nähe war.
Es gab Momente, in denen mein „Nein“ überhört oder ignoriert wurde, und doch war mein erster Gedanke immer: Selbst schuld. Denn ich hatte es zugelassen. Ich hatte mich in diese Situationen begeben. Ich hatte mich schlecht behandeln lassen. Also hatte ich es irgendwie verdient.
Der Kreis drehte sich weiter. Bestätigung, Schmerz, Selbsthass – und wieder von vorne. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es anders geht. Dass Liebe nicht bedeutet, sich selbst zu verlieren oder zu zerstören.
Aber dann kam er.
Es war kein dramatischer Moment. Kein plötzliches Umdenken oder ein Schlüsselmoment, der alles verändert hat. Es war langsamer, subtiler. Er schlich sich in mein Herz, Stück für Stück, ohne dass ich es richtig bemerkte. Und plötzlich war er einfach da, wie niemand zuvor. Ich hatte ihn gerne bei mir. Ich erzählte ihm von meinen Ängsten, von der Zerrissenheit, die ich in mir trug. Und während ich ihm all das sagte, hörte ich mich selbst – und erkannte zum ersten Mal, dass die Angst, die mich immer wieder lähmte, in meinem Kopf war. Ich hatte sie selbst aufgebaut, sie aus meinen alten Erfahrungen und den Ängsten, die mich quälten, konstruiert und dann auf ihn projiziert.
Er konnte nichts dafür. Aber er war da, einfach nur da, ohne zu urteilen. Und plötzlich merkte ich, dass ich ihn gerne bei mir hatte, dass er mir kein Unbehagen bereitete, sondern eine Stütze war. Vielleicht war er nicht derjenige, der mich „rettete“, aber er zeigte mir, dass ich mich nicht selbst zerstören musste. Dass Liebe nicht Kampf bedeutet, nicht Zerbrechen oder sich verbiegen.
Ich war müde. Müde vom Kämpfen, vom Weglaufen, vom immer wieder Zerstören. Es war, als würde ich ständig gegen eine Wand rennen und mich dann wundern, warum ich immer wieder fallen musste. Doch irgendwann wurde mir klar, dass ich das nicht mehr wollte. Es gibt Stärke in der Verletzlichkeit. Ich musste nicht mehr alles niederreißen, um mich zu schützen. Ich musste nicht mehr weglaufen, wenn es mir zu nahe wurde. Stattdessen konnte ich bleiben. Ich konnte zuhören. Und vor allem: Ich konnte reden.
Er hat mich nicht gerettet – das musste ich selbst tun. Aber er war die Hand, die mir half, wieder aufzustehen. Er zeigte mir, dass ich nicht mehr in einem Zustand der Selbstzerstörung leben musste. Und dass es möglich ist, jemanden wirklich zu lieben, ohne sich selbst zu verlieren.
Manchmal flüstert die alte Angst noch, besonders wenn ich merke, dass ich mich zu sehr öffne: „Was, wenn du zu viel bist?“ Oder: „Was, wenn du ihm zu nahe kommst?“ Aber ich höre ihr nicht mehr zu. Ich rede darüber. Ich sage ihm, wenn die Dunkelheit in mir lauter wird, wenn ich wieder in den alten Mustern gefangen bin. Und er bleibt trotzdem.
Vielleicht habe ich den Teufelskreis nicht alleine durchbrochen. Vielleicht hat er mir gezeigt, dass es einen anderen Weg gibt. Einen, den ich nicht mehr alleine gehen muss.