Autor: Splitterlicht

  • Nur kurz glücklich – und trotzdem genug

    Ein persönlicher Text über goldene Momente, das Glück – und die Angst, es zu verlieren.

    Ich habe keine Ahnung, wie man Glück festhält – aber ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn es plötzlich da ist.

    Denn Glück ist für mich kein großes Feuerwerk. Kein perfekter Instagram-Moment mit Filter und Bedeutung.
    Glück ist leise.
    Glück ist leicht.
    Glück ist Gold.

    Ein Atemzug, in dem ich mich frei fühle. Ein Lied, das mich mitnimmt. Eine Stunde, in der mein Kopf nicht denkt, sondern einfach ist.
    Freiheit ist, wenn ich aufhöre zu überdenken.
    Wenn ich tanze, ohne mich zu fragen, wie das aussieht.
    Wenn ich bei einem Konzert stehe, mit einer Zigarette in der Hand und einem Beat im Körper, der mich fühlen lässt, dass ich lebe.

    Glück sind die kleinen Dinge.
    Ein Abend mit Freund:innen, ein Glas Wein, ein See, der nach Sommer riecht.
    Das Knistern eines Feuers, das Lachen um mich herum.
    Meine Katze, die sich an mich kuschelt, als wüsste sie, was ich gerade brauche.
    Sex, bei dem ich nicht denken muss – bei dem alles einfach leicht ist.

    Und ja, Glück macht süchtig.
    Dieses Gefühl, dass alles kurz stimmt, dass das Leben nicht schwer ist.
    Dass ich bis zum Schluss auf der Party bleibe, weil ich da bin – im Moment.

    Aber dann kommt er.
    Der Gedanke.
    Der Zweifel.
    Der Sturm.

    Ich komm zur Ruhe – und denke: Das hier ist zu ruhig. Wahrscheinlich ist es nur die Pause vor dem nächsten Chaos. Ich bereite mich vor auf den Sturm, auf den Knall, auf das, was ich übersehen habe.
    Ich suche nach dem Haken.
    Nach dem doppelten Boden.
    Nach dem Grund, warum ich mir dieses Glück nicht ganz erlauben darf.

    Was, wenn ich nur kurz glücklich bin?

    Ich habe gelernt, wie sich der Sturm im Kopf anfühlt.
    Wenn das Aufstehen schwer ist.
    Wenn selbst Zähneputzen zu viel ist.
    Wenn alles zu laut ist, obwohl es still ist.
    Wenn ich mich frage, was die anderen denken, und gleichzeitig zu müde bin, überhaupt aufzustehen.

    Und trotzdem sage ich mir:
    Heute wird ein schöner Tag.
    Nicht, weil ich’s glaube. Sondern weil ich’s will.
    Weil ich daran glaube, dass Worte Macht haben.
    Weil ich gelernt habe, dass Dinge manchmal wahr werden, wenn man sie oft genug sagt.
    Wie Julia Engelmann. Die einmal sagte, man solle sich selbst versprechen, das Leben zu umarmen.
    Ich versuche das. Jeden Tag ein bisschen mehr.

    Ich glaube an das Gute, auch wenn es sich versteckt.
    Ich glaube an „trust the process“,
    auch wenn der Prozess manchmal eine Achterbahn ohne Anschnallgurt ist.

    Und ich glaube, dass Glück kein Dauerzustand sein muss, um echt zu sein.
    Dass es okay ist, wenn es nur Momente sind.
    Glück ist nicht die ganze Geschichte – aber es sind die schönsten Sätze darin.

    Vielleicht muss ich das Glück gar nicht festhalten.
    Vielleicht muss ich nur aufhören, es zu bekämpfen.
    Vielleicht reicht es, es zu erkennen, wenn es da ist.

    Vielleicht bin ich nicht nur kurz glücklich.
    Vielleicht bin ich einfach:
    jetzt glücklich.

    Und vielleicht – reicht das.

  • Wald aus Gedanken

    Es ist, als würde mein Kopf nachts aufstehen, wenn alles still wird, und heimlich Geschichten schreiben. Geschichten, die nie geschehen sind – aber so echt klingen, dass mein Herz sie glaubt. Er malt Bilder an die Wände meines Denkens, mit groben Pinselstrichen aus Angst und feinen Linien aus Unsicherheit. Und ich? Ich stehe davor, betrachte sie und frage mich: War das wirklich so?

    Manchmal fühlt es sich an, als würde ich durch einen Wald gehen, der aus Gedanken besteht. Jeder Ast flüstert eine Frage, jedes Blatt trägt ein „Was wäre, wenn?“. Ich drehe mich im Kreis, verliere die Richtung, stolpere über Dinge, die gar nicht da sind – über Worte, die nie gesagt wurden, über Blicke, die ich falsch verstand, über Sorgen, die sich lautlos in mein Ohr schleichen.

    Ich arbeite mit Kindern. Sie sind wie klares Wasser. Sie sagen, was sie denken, zeigen, was sie fühlen. Es gibt keinen doppelten Boden, keinen versteckten „Zwischenton“. Bei ihnen ruht mein Herz. Aber sobald Erwachsene sprechen, wird jedes Wort zu einem Schatten. Ein kleiner Nebensatz kann zu einem Gewitter werden. Eine Pause zwischen zwei Sätzen – genug, damit mein Kopf beginnt, Geschichten zu schreiben.

    „Was, wenn sie mich nicht mögen?“
    „Was, wenn ich zu laut, zu leise, zu viel bin?“
    „Was, wenn das alles meine Schuld ist?“

    Mein Kopf, dieser listige Erzähler, spinnt Netze aus Zweifel, sodass selbst die Luft um mich zu flimmern beginnt. Ich möchte schreien – nicht aus Wut, sondern aus Überforderung. Ich möchte sagen: „Hör auf! Ich will Klarheit, ich will Ruhe.“

    Und doch bleibe ich still.
    Ich atme. Ich spüre. Ich beobachte.
    Und irgendwann, leise wie das erste Licht am Morgen, verstehe ich:

    Es ist nur mein Kopf.
    Er ist nicht mein Feind. Er will mir nichts Böses. Aber er sieht Geister, wo keine sind.
    Und ich? Ich lerne, ihm zuzuhören, ohne alles zu glauben.

    Er will mich schützen, vielleicht –
    aber er hat vergessen, dass ich längst nicht mehr das Kind bin,
    das sich vor allem fürchtet.

    Ich sehe ihn jetzt.
    Ich erkenne seine Maske.
    Und inmitten der lauten Gedanken
    gibt es auch mich.

    Mich – mit einem Herzen, das spürt,
    mit Augen, die sehen wollen,
    mit einer Seele, die gelernt hat,
    nicht jedem Schatten zu glauben.

    Ich lasse mich nicht mehr täuschen.
    Es ist nur mein Kopf – dieser listige Erzähler.
    Und ich erkenne, dass ich nicht falsch bin.
    Ich bin nicht der Fehler.
    Ich bin nur ich.
    Und das reicht.

    Und so gehe ich weiter,
    mit leisen Schritten,
    durch meinen Wald aus Gedanken –
    aber diesmal mit einer kleinen Laterne aus Vertrauen in der Hand.

    Denn tief in mir leuchtet etwas,
    das mein Kopf nicht kennt:
    Hoffnung.
    Und sie ist stärker,
    als jeder seiner Streiche.

  • Wer verpasst hier etwas?

    Es gibt Tage, an denen ich mich selbst nicht verstehe. Tage, an denen ich rastlos bin, während andere einfach im Moment verweilen können. Mein Freund ist so jemand. Er kann allein sein, ohne dass es ihn belastet. Ich hingegen brauche Bewegung, Begegnungen, Ablenkung – als würde die Stille in mir ein Echo hinterlassen, das ich nicht ertragen kann.

    Wir sind uns so ähnlich und doch grundverschieden. Wir lieben dieselbe Musik, teilen dieselben Werte, haben denselben Beruf, träumen von derselben Zukunft. Aber wenn ich in unsere Agenda schaue, sehe ich nicht nur Termine, sondern auch eine Kluft. 100 Kilometer Entfernung, Schichtarbeit, kein Auto – alles muss organisiert werden. Doch während ich jede Lücke meines Wochenendes mit Plänen fülle, um bloß nicht allein zu sein, macht er das Gegenteil. Er lässt Raum für sich selbst.

    Heute ist Samstag, 29.03.2025, 14:05 Uhr. Vor einer Stunde ist er zur Arbeit gegangen und ich sitze hier. Ich könnte aufstehen, die Wohnung aufräumen, mich ablenken – doch ich tue es nicht. Ich bin gefangen in meinen Gedanken, drehe mich im Kreis.

    „Weißt du, Michelle, ich habe keine Probleme damit, Zeit mit mir selbst zu verbringen.“

    Seine Worte hallen in mir nach. Und plötzlich verstehe ich: Nicht er verpasst etwas – vielleicht bin es ich. Ich dachte, meine Pläne würden mich lebendig machen, aber in Wahrheit laufe ich nur davon. Ich hetze von Erlebnis zu Erlebnis, doch wenn der Moment kommt, ist die Euphorie längst verflogen. Und dann beneide ich ihn. Um seine Fähigkeit, einfach zu sein, ohne sich zu rechtfertigen. Ohne die ständige Angst, etwas zu verpassen. Ohne das nagende Gefühl, beweisen zu müssen, dass man dazugehört.

    Vielleicht ist das mein größtes Problem: Ich weiß nicht, was Glück für mich bedeutet. Ich folge einer Vorstellung, die mir von außen gegeben wurde – dass Glück in den Dingen liegt, die man tut, in den Erlebnissen, die man sammelt. Aber was, wenn das gar nicht stimmt? Was, wenn Glück nichts mit Geschwindigkeit zu tun hat, sondern mit Ruhe? Was, wenn es nicht darum geht, ständig unterwegs zu sein, sondern darum, bewusst da zu sein – mit anderen oder mit sich selbst?

    Ich frage mich: Wer von uns beiden verpasst wirklich etwas? Er, der die Stille aushält, der sich selbst genug ist? Oder ich, die rastlos durch das Leben rennt, aus Angst, es könnte sonst an ihr vorbeiziehen? Vielleicht ist es an der Zeit, nicht nur darüber nachzudenken, sondern es wirklich herauszufinden. Vielleicht sollte ich es ausprobieren – einen Tag ohne Pläne, ohne Ablenkung. Einfach sein. So wie er.

    Aber was mache ich dann mit dieser Zeit? Vielleicht spaziere ich los, ohne Ziel, einfach um zu sehen, wohin mich meine Füße tragen. Vielleicht setze ich mich mit einem Buch ans Fenster und lasse mich treiben, ohne ständig auf die Uhr zu sehen. Oder vielleicht tue ich einfach gar nichts – und schaue, was passiert, wenn ich die Stille nicht mehr als Bedrohung empfinde, sondern als Möglichkeit, mich selbst kennenzulernen.

  • In Tinte geschrieben – Ein Brief an mich

    Tattoos sind für mich weit mehr als nur Kunst auf der Haut. Sie sind lebendige Erinnerungen, Zeugnisse der Reise, die ich durch mein Leben gemacht habe. Jeder Strich, jede Linie, jedes Bild trägt eine tiefere Bedeutung – eine Geschichte, die mich geprägt hat, die mich an Momente erinnert, die mir sowohl Schmerz als auch Stärke verliehen haben. Diese Tattoos sind nicht nur Erinnerungen an schwierige Zeiten, sondern auch an die Schönheit des Lebens und die Kraft, immer wieder aufzustehen.

    Der Traumfänger: Schutz und Erinnerung

    Mein erstes Tattoo war ein Traumfänger – ein Symbol für Schutz und Hoffnung. Mit 18 Jahren, nach einer turbulenten Jugend, in der ich viel erlebt und viel über mich selbst gelernt habe, ließ ich mir diesen Traumfänger stechen. Er sollte mich vor negativen Einflüssen schützen und mich an die Werte erinnern, die mich geformt haben. Die Schaukel im Design erinnert mich an meine Kindheit, an die Unbeschwertheit, die ich trotz allem nie ganz verloren habe. Und der Hintergrund – eine Figur, die die Menschen symbolisiert, die mir durch die schwierigen Zeiten geholfen haben. Sie waren immer da, wenn ich sie brauchte, und ihre Unterstützung war und ist immer noch ein unsichtbares Band, das mich hält.Nichts desto trotz ist es die Silhouette meines Vater – mein Held, der mir in den dunkelsten Momenten immer wieder geholfen hat. Es ist ein Zeichen des Dankes für all die Liebe und Unterstützung, die er mir gegeben hat. Es erinnert mich daran, dass ich nicht alleine bin, dass es immer jemanden gibt, der mich auffängt, wenn ich falle. Dieses Tattoo ist für ihn: „Danke, Papa, für alles.“

    Angst und Mut: Der Schritt ins Unbekannte

    Angst war (und ist) lange Zeit mein ständiger Begleiter. Die Angst, zu versagen, nicht genug zu sein, vor dem Unbekannten. Eine Angst, die mich in einem engen Käfig gefangen hielt. Doch dann, im Sommer 2019, wagte ich den Schritt und trat trotz all meiner Ängste auf ein großes Festival in Österreich. Diese Entscheidung war eine der wichtigsten meines Lebens. „Out of comfort, life begins“ steht nun auf meiner Haut, als Erinnerung daran, dass das Leben wirklich außerhalb der Komfortzone beginnt.

    Aber nicht immer war ich so stark. Die Angst baute sich oft zu einer riesigen Mauer auf, die mich blockierte, mir die Luft nahm. Es war, als würde ich kurz davor stehen, einen wunderschönen Blumenstrauß zu pflücken – und dann kam eine riesige Welle aus Misstrauen und Selbstzweifeln, die alles zerstörte. Ich fühlte mich oft, als würde ich alles verlieren. Doch das Tattoo „Hold on“ erinnert mich daran, dass es sich lohnt, durchzuhalten, nicht loszulassen und weiterzukämpfen. Auch in den dunkelsten Momenten gibt es einen Weg – wenn ich nur an mich glaube.

    Selbstwert und Akzeptanz

    Ein weiteres Tattoo, das ich mir stechen ließ, ist eine Rose, die jeden Tag an einem Ort zu sehen ist, der mir besonders am Herzen liegt. Diese Rose erinnert mich daran, dass ich genug bin – so wie ich bin. „Wenn Bäume fliegen könnten, wären sie keine Bäume, sondern Blätter. Also wünsche dir nicht, anders zu sein. Du bist genauso wertvoll.“ Es erinnert mich daran, mich selbst zu lieben, mich selbst zu akzeptieren – mit all meinen Fehlern und Schwächen.

    Atem, Ruhe und der Aloha-Spirit

    „Atme“ – dieses einfache, aber kraftvolle Wort ist nicht nur ein Tattoo, sondern eine Lebensweise. Als ich anfing, mich intensiver mit Yoga zu beschäftigen, entdeckte ich, wie wichtig es ist, in stressigen Momenten ruhig zu bleiben und tief zu atmen. Das Tattoo erinnert mich an die Bedeutung des Atems, des Innehaltens, des Ankommens bei mir selbst. 

    Passend dazu die Frau, die auf meinem Oberarm zu sehen ist. Sie strahlt für mich Stärke und gleichzeitig Verletzlichkeit und Liebe aus. Sie verkörpert den Aloha Spirit: den Frieden mit sich selbst und der Welt. Es geht darum, mit sich im Reinen zu sein, in Einklang mit der Natur, die uns nährt und uns die Energie gibt, die wir brauchen, um zu wachsen. Aloha bedeutet bedingungsloses Wohlwollen, Liebe und Mitgefühl – eine Philosophie, die mir sehr am Herzen liegt.

    Das Semikolon – Ein Zeichen des Weiterlebens

    Im Oktober 2021 begann eines der schwersten Kapitel meines Lebens. Nach jahrelangem inneren Kampf wurde bei mir Depression diagnostiziert. Es war der Moment, in dem ich merkte, dass ich nicht mehr einfach so weitermachen konnte. Doch ein kleines Tattoo sollte mir ein Zeichen geben: „Das Semikolon steht für einen Satz, den der Autor beenden könnte, sich aber dazu entschieden hat, es nicht zu tun. Dieser Autor bist du – und der Satz ist dein Leben.“ Dieses Semikolon steht für die Entscheidung, nicht aufzugeben, für das Weiterleben, auch wenn es schwerfällt. Es erinnert mich daran, dass meine Geschichte noch nicht zu Ende ist, dass ich die Kontrolle habe, wie sie weitergeht.

    Afrika – Das Leben in all seiner Schönheit

    „Maisha ni nazuri“ – Das Leben ist schön. Dieser Spruch erinnert mich an eine Reise, die mich tief verändert hat. In Afrika erlebte ich, wie die Menschen das Leben trotz aller Schwierigkeiten feiern. Die Kultur, die Menschen, die Wärme und das Mitgefühl – all das hat mir geholfen, wieder an mich selbst zu glauben.

    Lotusblume – Der Weg zu mir selbst

    Schließlich habe ich mir eine Lotusblume tätowieren lassen. Sie wächst aus dem Schlamm und erblüht in voller Schönheit. Sie ist ein Symbol für Widerstandskraft und inneres Wachstum – für die Reise, die ich gemacht habe, und die Reise, die noch vor mir liegt. Seitdem ich meine Sachen gepackt habe und meinen Weg gegangen bin, fühle ich mich endlich angekommen. Ich weiß, was ich will – zumindest für einen kurzen Moment glaube ich das. Die Lotusblume erinnert mich daran, dass es okay ist, nicht alles zu wissen, dass es in Ordnung ist, wenn sich Dinge verändern. Wichtig ist, dass ich mich selbst achte, dass ich auf mich höre und mir treu bleibe.

    Meine Haut, meine Geschichte

    Jedes Tattoo auf meiner Haut ist ein Kapitel meines Lebens. In einige habt ihr nun einen Einblick erhalten. Manche sind aus Schmerz entstanden, andere aus Freude, und wieder andere aus einer Mischung aus beidem. Aber jedes einzelne Tattoo ist ein Teil von mir, eine Erinnerung daran, wie weit ich gekommen bin und dass ich nie aufhören werde, mich weiterzuentwickeln.

    Denn eines ist sicher: Meine Geschichte ist noch lange nicht zu Ende.

  • Der Preis der Nähe

    Es begann schleichend. Ein Blick, ein Kompliment, eine kurze Berührung – und plötzlich fühlte ich mich für einen Moment gesehen, begehrt, wertvoll. Doch dieses Gefühl verflog schnell und ließ mich mit einem leeren Gefühl zurück. Um es wiederzufinden, suchte ich den nächsten Moment, das nächste „Zeichen“, das mir. bestätigte, dass ich genug bin

    Es war nie genug. Die Leere in mir schrie nach mehr, und gleichzeitig flüsterte mein Selbsthass, dass ich es nicht verdiene. Dass ich nichts anderes kann als das – mich selbst zu entwerten, meinen Körper als Währung für ein bisschen Nähe zu geben, für einen Hauch von Zuneigung, die nur oberflächlich war. Ich fand mich immer wieder in Situationen, in denen ich von Anfang an wusste, dass ich verlieren würde. Situationen, in denen ich mich unwohl fühlte, aber einfach nicht allein sein wollte. Ich ließ Dinge zu, die ich nicht wollte, in dem Glauben, dass es der Preis für ein bisschen Nähe war.

    Es gab Momente, in denen mein „Nein“ überhört oder ignoriert wurde, und doch war mein erster Gedanke immer: Selbst schuld. Denn ich hatte es zugelassen. Ich hatte mich in diese Situationen begeben. Ich hatte mich schlecht behandeln lassen. Also hatte ich es irgendwie verdient.

    Der Kreis drehte sich weiter. Bestätigung, Schmerz, Selbsthass – und wieder von vorne. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es anders geht. Dass Liebe nicht bedeutet, sich selbst zu verlieren oder zu zerstören.

    Aber dann kam er.

    Es war kein dramatischer Moment. Kein plötzliches Umdenken oder ein Schlüsselmoment, der alles verändert hat. Es war langsamer, subtiler. Er schlich sich in mein Herz, Stück für Stück, ohne dass ich es richtig bemerkte. Und plötzlich war er einfach da, wie niemand zuvor. Ich hatte ihn gerne bei mir. Ich erzählte ihm von meinen Ängsten, von der Zerrissenheit, die ich in mir trug. Und während ich ihm all das sagte, hörte ich mich selbst – und erkannte zum ersten Mal, dass die Angst, die mich immer wieder lähmte, in meinem Kopf war. Ich hatte sie selbst aufgebaut, sie aus meinen alten Erfahrungen und den Ängsten, die mich quälten, konstruiert und dann auf ihn projiziert.

    Er konnte nichts dafür. Aber er war da, einfach nur da, ohne zu urteilen. Und plötzlich merkte ich, dass ich ihn gerne bei mir hatte, dass er mir kein Unbehagen bereitete, sondern eine Stütze war. Vielleicht war er nicht derjenige, der mich „rettete“, aber er zeigte mir, dass ich mich nicht selbst zerstören musste. Dass Liebe nicht Kampf bedeutet, nicht Zerbrechen oder sich verbiegen.

    Ich war müde. Müde vom Kämpfen, vom Weglaufen, vom immer wieder Zerstören. Es war, als würde ich ständig gegen eine Wand rennen und mich dann wundern, warum ich immer wieder fallen musste. Doch irgendwann wurde mir klar, dass ich das nicht mehr wollte. Es gibt Stärke in der Verletzlichkeit. Ich musste nicht mehr alles niederreißen, um mich zu schützen. Ich musste nicht mehr weglaufen, wenn es mir zu nahe wurde. Stattdessen konnte ich bleiben. Ich konnte zuhören. Und vor allem: Ich konnte reden.

    Er hat mich nicht gerettet – das musste ich selbst tun. Aber er war die Hand, die mir half, wieder aufzustehen. Er zeigte mir, dass ich nicht mehr in einem Zustand der Selbstzerstörung leben musste. Und dass es möglich ist, jemanden wirklich zu lieben, ohne sich selbst zu verlieren.

    Manchmal flüstert die alte Angst noch, besonders wenn ich merke, dass ich mich zu sehr öffne: „Was, wenn du zu viel bist?“ Oder: „Was, wenn du ihm zu nahe kommst?“ Aber ich höre ihr nicht mehr zu. Ich rede darüber. Ich sage ihm, wenn die Dunkelheit in mir lauter wird, wenn ich wieder in den alten Mustern gefangen bin. Und er bleibt trotzdem.

    Vielleicht habe ich den Teufelskreis nicht alleine durchbrochen. Vielleicht hat er mir gezeigt, dass es einen anderen Weg gibt. Einen, den ich nicht mehr alleine gehen muss.

  • Trauma-tisch befreiend

    23 Jahre lang wusste ich nicht, was mit mir nicht stimmt. Es war ein ungreifbares Gefühl – eine innere Unruhe, die immer da war, ohne dass ich je wusste, woher sie kam. Ein ständiger Druck auf der Brust, der niemals nachließ, als würde etwas in mir toben, ohne dass ich es benennen konnte. Ich fühlte mich wie ein Schatten meiner selbst, ein Fragment, das nirgendwo hinpasste.

    Es war nicht einfach nur ein Gefühl von Angst. Es war mehr – eine Schuld, die ich nie wirklich fassen konnte. Für alles verantwortlich zu sein, selbst für Dinge, die ich nie getan hatte. Schuld, obwohl keine Tat vorhanden war. Eine Last, die ich trug, obwohl mir niemand sagte, dass sie mir gehörte.

    Seit meiner Kindheit hat mich dieses Gefühl verfolgt, in jeder Situation, in jedem Schritt, den ich machte. Ich versuchte, es zu ignorieren, es wegzudrücken – doch es blieb. Es war wie ein Echo, das immer lauter wurde. Immer wieder hörte ich in meinem Kopf: „Du bist schuld. Du bist nicht genug.“ Doch was war ich wirklich schuld? Wofür? Ich wusste es nicht. Es war nur da, diese leere, schmerzhafte Schuld, die ich in mir spürte, ohne dass sie einen Namen hatte.

    Dann, an einem dieser Tage, als ich dachte, ich würde daran zerbrechen, hörte ich einen Satz: „Du hast ein Trauma, wir beginnen mit der dazugehörigen Therapie.“

    Es war der Moment, der alles veränderte. Endlich – endlich gab es einen Namen für dieses Gefühl. Endlich gab es etwas, das all die chaotischen Gedanken, die wie wirbelnde Stürme in meinem Kopf umherzogen, in etwas Greifbares verwandelte. Trauma. Dieses Wort, so schwer und so leicht zugleich, gab mir eine Form, die ich zuvor nicht kannte.

    Es fühlte sich an wie ein Schlüssel, der endlich ins Schloss passte. Als ob ich mich selbst zum ersten Mal in meinem Leben verstand. Aber auch als ob ich erst jetzt wirklich begreifen konnte, was in mir passiert war – was mir in all den Jahren genommen wurde. Die Worte, die mich befreiten, ließen mich gleichzeitig wütend und erleichtert zurück. Erleichtert, weil ich jetzt endlich wusste, was mit mir los war. Wütend, weil ich so lange in dieser Unsicherheit gefangen war, ohne dass mir jemand geholfen hatte, es zu verstehen.

    Es ist ein Gefühl, das ich nicht in Worte fassen kann. Wie eine unsichtbare Last, die du nie ablegen kannst. Wie ein schwerer Mantel, der dich niederdrückt, ohne dass du weißt, warum du ihn trägst. Ich habe in all den Jahren alles versucht – Ablenkung, Verdrängung, Ignorieren. Doch es blieb immer da.

    Jetzt sehe ich es klarer. Ich erkenne die Muster. Ich erkenne, wie tief sie in mir verankert sind, wie sie jede Entscheidung, jede Beziehung, jede Bewegung in meinem Leben beeinflusst haben. Ich sehe die Unsicherheiten, die mich lähmen, und ich weiß, dass ich nicht einfach weiterlaufen kann, als wäre nichts geschehen.

    Aber – zum ersten Mal fühle ich, dass der Weg in die richtige Richtung führt. Ich erkenne, dass ich die Kontrolle zurückgewinnen kann. Es ist, als würde mein inneres Kind, das so lange geschrien hat, endlich Gehör finden. Als würde jemand kommen, es an die Hand nehmen und sagen: „Ich sehe dich. Ich verstehe dich. Du bist nicht allein.“

    Vielleicht wird dieser Weg nie ganz einfach sein, aber ich habe jetzt ein Ziel, ein Ziel, das sich real anfühlt. Ein Ziel, das ich erreichen kann. Und mit jedem Schritt, den ich mache, spüre ich, wie das Echo der Vergangenheit leiser wird – vielleicht nicht für immer, aber genug, um in die Zukunft zu blicken.

  • Ich gehe, bevor du gehst

    Es beginnt immer gleich – ein Moment der Verbundenheit, des Vertrauens, der Sicherheit. Ich bin voll und ganz da, offen, nahbar, fast schwerelos. Doch dann, fast unmerklich, verändert sich etwas. Ein kleines Zögern, ein nicht erwiderter Blick, ein unbedachtes Wort – und mein inneres Gleichgewicht gerät ins Wanken.

    Plötzlich wird alles fragil. Eine unsichtbare Welle der Unsicherheit rollt heran, schwillt an, und bevor ich es überhaupt begreife, hat sie mich erfasst. Mein Körper spannt sich an, meine Gedanken rasen. Ein Flüstern setzt ein, leise, aber eindringlich: Du bist nicht genug. Du hast etwas falsch gemacht. Geh, bevor du gegangen wirst.

    Und dann kommt der Reflex. Ein Schutzmechanismus, der längst tief in mir verankert ist. Ich ziehe mich zurück, bevor ich gestoßen werde. Ich distanziere mich, bevor mich jemand verlässt. Ich sehe plötzlich nur noch das Schlechte, die Fehler, die vermeintlichen Anzeichen für das Unvermeidbare. Ich stoße ab, bevor ich selbst verletzt werden kann.

    Und es passiert überall. Nicht nur in der Liebe. In Freundschaften, in der Arbeit, in der Familie. Sobald eine Verbindung zu tief wird, sobald eine Situation zu sehr nach Nähe und Verlässlichkeit riecht, setzt es ein. Ich sehe Distanz, wo keine ist. Ablehnung, wo vielleicht nur Müdigkeit liegt. Und anstatt zu bleiben, renne ich.

    Es fühlt sich an wie Kontrolle. Als hätte ich die Zügel in der Hand. Aber in Wahrheit verliere ich jedes Mal etwas. Momente, die hätten bleiben können. Menschen, die vielleicht niemals gegangen wären. Chancen, die ich mir selbst nehme.

    Doch da ist auch Hoffnung. Ein Bewusstsein, das wächst. Ein Wissen darum, dass die Angst ein Echo der Vergangenheit ist, nicht der Gegenwart. Und vielleicht, eines Tages, kann ich stehen bleiben, wenn die Welle kommt. Vielleicht lerne ich, dass nicht jeder Schritt auf mich zu eine Bedrohung ist. Vielleicht lerne ich, nicht immer zuerst zu gehen.

  • Mein unsichtbarer Sturm

    2–3 Minuten

    Borderline. Ein Wort, das vieles bedeutet und doch oft nur eine vage Vorstellung hinterlässt. Viele sehen das Klischee – Impulsivität, Selbstzerstörung, emotionale Achterbahn. Doch was ist, wenn der Sturm leise tobt? Wenn er nicht in Schreien oder Wutausbrüchen ausbricht, sondern in einem inneren Kampf?

    Ich nehme dich mit auf meine Reise – dorthin, wo Borderline nicht laut und zerstörerisch nach außen wirkt, sondern still an mir zehrt. Doch ich will dir nicht nur die Schatten zeigen. Denn inmitten des Chaos gibt es Farben. Es gibt Momente, in denen ich die Welt so intensiv spüre, dass sie mich fast überwältigt. Und genau für diese Momente stehe ich auf. Immer wieder.


    „Was, du hast Borderline? Man merkt es dir gar nicht an.“
    „Du bist nicht die typische Borderlinerin.“
    „Ich habe dich noch nie schreien gesehen – machen die nicht alles kaputt?“

    Sätze, die klingen wie harmlose Kieselsteine.
    Doch wenn sie auf mich prasseln, hinterlassen sie Spuren auf meiner Haut, in meinem Inneren.
    Ich weiß, sie sind nicht böse gemeint.
    Aber sie lassen mich fühlen, als würde man meinen Kampf nicht sehen.
    Als hätte ich keinen Grund, müde zu sein.

    Doch er ist da. Immer.

    Wie Nebel, der sich in jede Pore setzt.
    Wie eine zweite Haut, die mich umschließt und mir die Luft nimmt.
    Ich lächle, ich funktioniere, ich tue alles, damit du es nicht merkst.
    Aber jeder Morgen ist ein Kampf.
    Das Aufstehen – ein erster Sieg über etwas, das mich nach unten zieht.
    Meine Gedanken sind wie Fäden, die mich an mein Bett binden,
    die mich flüstern hören: „Bleib liegen. Es hat doch keinen Sinn.“
    Und doch stehe ich auf.

    Ich suche nach etwas, das mich ganz macht.
    Nach einem Puzzleteil, das endlich passt.
    Doch jedes Stück, das ich finde, hat falsche Kanten,
    falsche Farben,
    gehört nicht dorthin, wo ich es brauche.

    Und dann ist da diese Wut.
    Nicht laut, nicht brüllend, nicht nach außen gerichtet.
    Sondern eine Flamme, die tief in mir brennt.
    Sie frisst an mir, nagt an mir,
    flüstert mir zu, dass ich nie genug sein werde.

    Wenn ich meinem Borderline eine Farbe geben müsste, wäre es weiß.
    Nicht die reine, unschuldige Leere,
    sondern Weiß wie eine durchsichtige Folie,
    die sich zwischen mich und die Welt schiebt.
    Du siehst sie nicht, aber ich spüre sie jeden Tag.
    Sie dämpft alles, trennt mich von der Wirklichkeit,
    macht mich zu einem Geist in meinem eigenen Leben.

    Und dann kommt der Wind.
    Ein Windstoß, der mir meinen Blumenstrauß entreißen will.
    Mein Glück, meine Farben,
    meine zerbrechliche Sammlung an Lichtblicken.
    Er zerrt an mir, will mich umwerfen.
    Manchmal gelingt es ihm.
    Aber weißt du was?

    Ich stehe wieder auf. Immer.

    Weil es sich lohnt – für das Glück, für die Farben, für mich.

    Denn Borderline ist nicht nur Schmerz.
    Es ist auch Intensität. Es ist das tiefe Fühlen.
    Es ist die Fähigkeit, Schönheit in einer Tiefe wahrzunehmen, die andere vielleicht nie spüren werden.
    Es sind die Momente, in denen ich Farben sehe, Musik in meinem ganzen Körper fühle,
    die Welt nicht nur sehe, sondern erlebe.

    Nicht jeder erlebt Borderline gleich.
    Manche kämpfen laut, andere leise.
    Aber in all dieser Vielfalt liegt eine Wahrheit:
    Jeder Kampf ist echt. Jeder Weg ist anders.
    Und jeder Tag ist eine neue Chance, nach dem Licht zu greifen.

  • Wie würde meine Biografie heissen?

    2–3 Minuten

    Gestern las ich einige Blogs zu dieser Frage, und nun stelle ich sie mir selbst: Welches Wort, welcher Satz, welches Bild könnte mein Leben einfangen? Ein Titel, der meine Geschichte erzählt, sie in wenige Worte fasst, ihr einen Rahmen gibt. „Die Narben meiner Eltern“ – ein Echo der Vergangenheit, das in meiner Gegenwart nachhallt. Oder vielleicht etwas mit einem Augenzwinkern? „Achterbahn ohne Sicherheitsbügel „– chaotisch, unberechenbar, aber doch irgendwie faszinierend?

    Doch wäre das gerecht? Wäre das alles?

    Bevor ich meine Selbstfindung und all die Themen hier im Blog anschneide, muss man mich vielleicht erst verstehen. Oder vielmehr: Ich muss es selbst verstehen. Wo ich herkomme. Warum ich so geworden bin, wie ich bin. Vielleicht nicht ihr, aber ich.


    Ein Haus aus Scherben

    Ich bin in einem Zuhause aufgewachsen, das keines war. Ein Käfig aus Lautstärke, aus Worten, die scharf wie Klingen waren. Die Luft vibrierte vor unausgesprochenem Schmerz, Wut zersprang wie Glas auf kaltem Boden. Ich hörte die Schreie meines Vaters, das Klirren einer Tasse, das Splittern einer unsichtbaren Grenze. Meine Schwester und ich, eng umschlungen auf der Treppe, Tränen als stumme Zeugen auf unseren Wangen.

    Und da war meine Mutter – einst meine Welt, mein Anker. Ich habe sie geliebt, wie nur ein Kind es kann. Ich klammerte mich an sie, zog Trost aus ihrer Nähe, sehnte mich nach jedem Blick, jedem Moment. Doch irgendwann riss etwas. Sie, die einst für mich kämpfte, wurde zur Gegnerin. Kontrolle wurde ihr Schutzschild, Strenge ihre Sprache. Die Löwin, die mich einst beschützte, sah mich nun mit fremden Augen an. Und ich stand verloren da.


    Tanz auf den Splittern

    Kennst du das Gefühl, nicht zu wissen, wohin du gehörst? Ich war jung, als ich mich in mir selbst verlor. Suchte nach Halt in der Nacht, in der Kälte, in den Schatten. Versteckte meine Angst hinter lautem Lachen, meine Wut hinter stillen Narben. Ich wollte anders sein, wollte verschwinden, wollte schreien – doch meine Stimme verhallte in den Fluren dieses Hauses, das kein Zuhause mehr war.

    Jeder ging seinen Weg – mein Vater in die Arbeit, meine Schwester ins Leben, meine Mutter in ihre eigene Welt. Und ich? Ich blieb zurück, gefangen in einem Labyrinth aus Schuldgefühlen, aus Fragen, die niemand beantwortete. War ich schuld? War ich zu viel? Oder einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort?


    Zwischen den Zeilen – Ein neuer Titel

    Doch wenn ich heute zurückblicke, sehe ich nicht nur Dunkelheit. Ich sehe das Mädchen, das trotz allem gelacht hat. Das immer noch lieben konnte, auch wenn es Angst hatte. Ich sehe den Mut, der sich in leisen Schritten zeigte – in Momenten, in denen ich mich für das Leben entschied. Für Hilfe, für Heilung, für mich selbst.

    Vielleicht ist mein Leben keine Geschichte von Narben, sondern eine von Wachstum. Vielleicht ist mein Titel nicht „Die Narben meiner Eltern„, sondern „Zwischen den Zeilen – Ein Leben voller Umwege, Narben, Liebe und Hoffnung.“

    Wie würde deine Biografie heissen?

  • Warum dieser Blog? Warum gerade jetzt?

    2–3 Minuten

    Fragen über Fragen – und genau so hat sich mein Kopf in den letzten Wochen angefühlt: ein endloses Brainstorming, aber ohne Filter und Sortierung. Angefangen hat alles vor drei Wochen, an einem dieser Tage, an denen alles zu viel ist. An denen sich Mut und Hoffnung eine kleine Auszeit genommen haben.

    Mein übliches Notfallprogramm in solchen Momenten? Stift, Papier, Gedanken raus. Ein Poetry Slam, der nichts für die Bühne, sondern nur für mich selbst bestimmt war. Normalerweise hilft mir das, mein Chaos zu entwirren – diesmal nicht. Diesmal fühlte es sich eher an, als würde ich mein Innerstes auskippen und feststellen, dass die Kiste unten ein Loch hat. Ich merkte: Ich muss darüber reden.

    An diesem Tag traf ich auch meine Mutter. Unsere Beziehung? Ein wankendes Seil zwischen Nähe und Distanz. Ich spürte, dass ich mit ihr reden musste, also packte ich aus – und bekam erst einmal die üblichen Floskeln zurückgeworfen: „Du musst nur positiv denken.“ – Ah ja, klar. Hätte ich auch selbst drauf kommen können. „Der erste Gedanke am Tag ist entscheidend.“ – Na super, dann starte ich morgen mit „Schokolade ist geil“ und alles wird gut? „Raff dich zusammen.“ – Hätte ich fast vergessen, danke für die Erinnerung.

    Doch dann tat ich etwas anderes: Ich las ihr meinen Poetry Slam vor. Ich sprach von meinen Depressionen, meinen impulsiven Gedanken, meinem ständigen Hin-und-Her zwischen Extremen. Und zum ersten Mal sah ich in ihren Augen, dass sie es verstand. Dass sie wirklich erkannte, dass ich nicht einfach „nur eine schlechte Phase“ hatte. Dass es keine Laune ist, sondern ein Teil von mir.

    Und dann sagte sie etwas, das mich berührte: „Du hast ein Talent dafür, deine Gefühle greifbar zu machen.“

    Diese Worte sind mir geblieben. Sie haben einen kleinen Funken in mir entzündet. Vielleicht kann ich das nutzen. Vielleicht erreiche ich damit ein oder zwei Menschen, vielleicht bleibt es einfach nur ein Ort für mich selbst. Aber immerhin habe ich es so versucht.


    Warum also Splitterlicht?

    Splitterlicht ist mehr als nur ein Name – es ist ein Ort für die leisen Zwischentöne, für die Zerbrechlichkeit und die Stärke, die darin liegt. Stell dir vor, Licht fällt durch Risse in einer dunklen Wolke und bricht sich in unzählige funkelnde Splitter – jeder einzelne mag zerbrechlich wirken, doch gemeinsam formen sie ein atemberaubendes Kunstwerk. So fühlt sich mein Inneres manchmal an: ein ständiges Pendeln zwischen extremer Helligkeit und tiefster Dunkelheit, zwischen Nähe und Distanz, zwischen Schmerz und Sehnsucht. Aber selbst in den tiefsten Brüchen glimmt ein Funke, der leuchtet – und dieser Funke ist es, der mir Hoffnung und die Kraft gibt, weiterzumachen.

    Splitterlicht steht für die Schönheit im Unvollkommenen, für die heilende Kraft des Akzeptierens und für das unerschütterliche Licht, das uns selbst in den dunkelsten Momenten nicht verlässt. Ich lade euch ein, mit mir gemeinsam diese Reise anzutreten – mit einer Prise Humor, viel Tiefgang und dem festen Glauben daran, dass auch aus den zersplitterten Teilen etwas Wundervolles entstehen kann.


    Willkommen in meiner Welt – wo selbst die gebrochensten Splitter im Licht strahlen.