In Tinte geschrieben – Ein Brief an mich

Tattoos sind für mich weit mehr als nur Kunst auf der Haut. Sie sind lebendige Erinnerungen, Zeugnisse der Reise, die ich durch mein Leben gemacht habe. Jeder Strich, jede Linie, jedes Bild trägt eine tiefere Bedeutung – eine Geschichte, die mich geprägt hat, die mich an Momente erinnert, die mir sowohl Schmerz als auch Stärke verliehen haben. Diese Tattoos sind nicht nur Erinnerungen an schwierige Zeiten, sondern auch an die Schönheit des Lebens und die Kraft, immer wieder aufzustehen.

Der Traumfänger: Schutz und Erinnerung

Mein erstes Tattoo war ein Traumfänger – ein Symbol für Schutz und Hoffnung. Mit 18 Jahren, nach einer turbulenten Jugend, in der ich viel erlebt und viel über mich selbst gelernt habe, ließ ich mir diesen Traumfänger stechen. Er sollte mich vor negativen Einflüssen schützen und mich an die Werte erinnern, die mich geformt haben. Die Schaukel im Design erinnert mich an meine Kindheit, an die Unbeschwertheit, die ich trotz allem nie ganz verloren habe. Und der Hintergrund – eine Figur, die die Menschen symbolisiert, die mir durch die schwierigen Zeiten geholfen haben. Sie waren immer da, wenn ich sie brauchte, und ihre Unterstützung war und ist immer noch ein unsichtbares Band, das mich hält.Nichts desto trotz ist es die Silhouette meines Vater – mein Held, der mir in den dunkelsten Momenten immer wieder geholfen hat. Es ist ein Zeichen des Dankes für all die Liebe und Unterstützung, die er mir gegeben hat. Es erinnert mich daran, dass ich nicht alleine bin, dass es immer jemanden gibt, der mich auffängt, wenn ich falle. Dieses Tattoo ist für ihn: „Danke, Papa, für alles.“

Angst und Mut: Der Schritt ins Unbekannte

Angst war (und ist) lange Zeit mein ständiger Begleiter. Die Angst, zu versagen, nicht genug zu sein, vor dem Unbekannten. Eine Angst, die mich in einem engen Käfig gefangen hielt. Doch dann, im Sommer 2019, wagte ich den Schritt und trat trotz all meiner Ängste auf ein großes Festival in Österreich. Diese Entscheidung war eine der wichtigsten meines Lebens. „Out of comfort, life begins“ steht nun auf meiner Haut, als Erinnerung daran, dass das Leben wirklich außerhalb der Komfortzone beginnt.

Aber nicht immer war ich so stark. Die Angst baute sich oft zu einer riesigen Mauer auf, die mich blockierte, mir die Luft nahm. Es war, als würde ich kurz davor stehen, einen wunderschönen Blumenstrauß zu pflücken – und dann kam eine riesige Welle aus Misstrauen und Selbstzweifeln, die alles zerstörte. Ich fühlte mich oft, als würde ich alles verlieren. Doch das Tattoo „Hold on“ erinnert mich daran, dass es sich lohnt, durchzuhalten, nicht loszulassen und weiterzukämpfen. Auch in den dunkelsten Momenten gibt es einen Weg – wenn ich nur an mich glaube.

Selbstwert und Akzeptanz

Ein weiteres Tattoo, das ich mir stechen ließ, ist eine Rose, die jeden Tag an einem Ort zu sehen ist, der mir besonders am Herzen liegt. Diese Rose erinnert mich daran, dass ich genug bin – so wie ich bin. „Wenn Bäume fliegen könnten, wären sie keine Bäume, sondern Blätter. Also wünsche dir nicht, anders zu sein. Du bist genauso wertvoll.“ Es erinnert mich daran, mich selbst zu lieben, mich selbst zu akzeptieren – mit all meinen Fehlern und Schwächen.

Atem, Ruhe und der Aloha-Spirit

„Atme“ – dieses einfache, aber kraftvolle Wort ist nicht nur ein Tattoo, sondern eine Lebensweise. Als ich anfing, mich intensiver mit Yoga zu beschäftigen, entdeckte ich, wie wichtig es ist, in stressigen Momenten ruhig zu bleiben und tief zu atmen. Das Tattoo erinnert mich an die Bedeutung des Atems, des Innehaltens, des Ankommens bei mir selbst. 

Passend dazu die Frau, die auf meinem Oberarm zu sehen ist. Sie strahlt für mich Stärke und gleichzeitig Verletzlichkeit und Liebe aus. Sie verkörpert den Aloha Spirit: den Frieden mit sich selbst und der Welt. Es geht darum, mit sich im Reinen zu sein, in Einklang mit der Natur, die uns nährt und uns die Energie gibt, die wir brauchen, um zu wachsen. Aloha bedeutet bedingungsloses Wohlwollen, Liebe und Mitgefühl – eine Philosophie, die mir sehr am Herzen liegt.

Das Semikolon – Ein Zeichen des Weiterlebens

Im Oktober 2021 begann eines der schwersten Kapitel meines Lebens. Nach jahrelangem inneren Kampf wurde bei mir Depression diagnostiziert. Es war der Moment, in dem ich merkte, dass ich nicht mehr einfach so weitermachen konnte. Doch ein kleines Tattoo sollte mir ein Zeichen geben: „Das Semikolon steht für einen Satz, den der Autor beenden könnte, sich aber dazu entschieden hat, es nicht zu tun. Dieser Autor bist du – und der Satz ist dein Leben.“ Dieses Semikolon steht für die Entscheidung, nicht aufzugeben, für das Weiterleben, auch wenn es schwerfällt. Es erinnert mich daran, dass meine Geschichte noch nicht zu Ende ist, dass ich die Kontrolle habe, wie sie weitergeht.

Afrika – Das Leben in all seiner Schönheit

„Maisha ni nazuri“ – Das Leben ist schön. Dieser Spruch erinnert mich an eine Reise, die mich tief verändert hat. In Afrika erlebte ich, wie die Menschen das Leben trotz aller Schwierigkeiten feiern. Die Kultur, die Menschen, die Wärme und das Mitgefühl – all das hat mir geholfen, wieder an mich selbst zu glauben.

Lotusblume – Der Weg zu mir selbst

Schließlich habe ich mir eine Lotusblume tätowieren lassen. Sie wächst aus dem Schlamm und erblüht in voller Schönheit. Sie ist ein Symbol für Widerstandskraft und inneres Wachstum – für die Reise, die ich gemacht habe, und die Reise, die noch vor mir liegt. Seitdem ich meine Sachen gepackt habe und meinen Weg gegangen bin, fühle ich mich endlich angekommen. Ich weiß, was ich will – zumindest für einen kurzen Moment glaube ich das. Die Lotusblume erinnert mich daran, dass es okay ist, nicht alles zu wissen, dass es in Ordnung ist, wenn sich Dinge verändern. Wichtig ist, dass ich mich selbst achte, dass ich auf mich höre und mir treu bleibe.

Meine Haut, meine Geschichte

Jedes Tattoo auf meiner Haut ist ein Kapitel meines Lebens. In einige habt ihr nun einen Einblick erhalten. Manche sind aus Schmerz entstanden, andere aus Freude, und wieder andere aus einer Mischung aus beidem. Aber jedes einzelne Tattoo ist ein Teil von mir, eine Erinnerung daran, wie weit ich gekommen bin und dass ich nie aufhören werde, mich weiterzuentwickeln.

Denn eines ist sicher: Meine Geschichte ist noch lange nicht zu Ende.

Kommentare

Eine Antwort zu „In Tinte geschrieben – Ein Brief an mich”.

  1. Avatar von Sascha

    Schön geschrieben. Finde Tattoos schön, traue mir aber nicht, weitere stechen zu lassen. Habe eins am Oberarm und denke gelegentlich drüber nach. „Würde mich ich es heute wieder machen?“ vermutlich nicht. Zumindest nicht das. Deine habe Weitblick. Finde es schön. Das Semikolon finde ich am besten!

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